Über die Witwe der Soldaten
Eine (gewisse) Frau in Ephesus hatte ihren geliebten Ehemann verloren. Zu dessen Erinnerung ließ sie ein Denkmal bauen und begann, nachdem sein Leichnam in der Gruft beigesetzt worden war, diesen nach der Sitte der Vorfahren zu bewachen. Aber wegen ihrem sehr großen Schmerz blieb sie länger in der Gruft als es Pflichtgefühl und Religion forderten. Tag und Nacht verbrachte die Witwe dort weinend und sich der Nahrung enthaltend.
Inzwischen aber geschah es, dass zwei Räuber in der Nähe der Gruft ans Kreuz geschlagen wurden. Damit (nicht irgendeiner) keiner die Leichen wegnähme, um sie zu begraben, wurde ein Soldat aufgestellt, um die Kreuze zu bewachen. Dieser hörte i der nächsten Naht eine Stimme und betrat, nachdem er bemerkt hatte, woher diese Stimme (entstand) kam, die Gruft. Sofort erkannte er, was der Grund des Weinens war, und brachte der Frau Nahrung und Wein, um sie zu trösten. Aber er forderte die vom Schmerz überwältigte Frau vergeblich auf, Nahrung zu sich zu nehmen. Schließlich half die Magd, die da war, dem Soldaten beim Auffordern der Frau und erreichte, dass jene dem Klagen ein Ende machte und die Geschenke des Soldaten annahm. Weil die Frau nach der Mahlzeit schon viel weniger Schmerz fühlte, hoffte der Soldat, dass sie sich auch der übrigen Genüsse nicht enthalten werde. Auch in dieser Sache war er siegreich: Nachdem sie die Tore der Gruft geschlossen hatten, blieb er die ganze Nacht bei der Witwe.
Jener sorgfältige Wächter erblickte, als er am nächsten Tag de Gruft verließ, dass ein Leichnam vom Kreuz weggenommen worden war. Er fürchtet eine schwere Strafe, eilte zur Witwe und berichtete, was geschehen war.
„Was soll ich tun?“, rief er, „ich werde den Spruch des Richters nicht abwarten, sondern mich selbst mit dem Schwert töten!“ Jene aber fasste einen klugen Plan, weil sie nach dem Ehegatten nicht auch diesen geliebten Mann verlieren wollte. So geschah es, dass wenig später an keinem Kreuz eine Leiche fehlte – die Gruft aber leer war.
Ü I.
Ü I.
- beim Laufen
- um zu erforschen
- durch das Lehren
- die Hoffnung zu siegen
- um zu schreiben
- um einen Brief zu schreiben
- beim Ertragen von Gefahren
- der Wunsch eine lateinische Geschichte zu hören
- um die Mädchen zu erschrecken
- um Wein zu genießen
- durch das Geben von Geiseln
Ü II.
- Krösus, der einen Krieg bereitete, schickte einige Gesandtschaften, um die Orakel zu befragen.
- Um die Feinde zu besiegen, führte Mark Aurel ein großes Heer in deren Gebiet.
- Nachdem Rom gegründet worden war, verschafften sich die römischen Bürger durch das Rauben von Mädchen Gattinnen.
- Um das Mädchen zu besuchen, fürchtete Leander nicht einmal die größten Gefahren.
- Weil Midas überaus begierig (danach) war, Gold zu besitzen, wünschte er sich vom Gott Bacchus ein schlechtes Geschenk.
Ü III.
- Gaius domum contendit ad pensum faciendum.
Gaius domum contendit pensi faciendi causa.
Gaius eilte nach Hause, um die Aufgabe zu machen. - Romam veni ad artificia clara spectanda.
Romam veni artificiorum clarorum spectandorum causa.
Ich kam nach Rom, um die berühmten Kunstwerke zu betrachten. - Complures menses in Graecia eram ad linguam Graecam discendam.
Complures menses in Graecia eram linguae Graecae discendae causa.
Ich war mehrere Monate in Griechenland, um die griechische Sprache zu lernen. - Discipuli ad magistrum delectandum pensa summa cum diligentia scripserunt.
Discipuli magistri delectandi causa pensa summa cum diligentia scripserunt.
Die Schüler schrieben die Aufgaben mit höchster Sorgfalt, um den Lehrer zu erfreuen.
Ü IV.
- Martinus vestem gladio divisit ad virum pauperem iuvandum.
Martin teilte sein Gewand mit dem Schwert, um dem armen Mann zu helfen. - Diana aquae fruendae causa vestem deposuit.
Diana legte ihr Gewand ab, um das Wasser zu genießen. - Theseus Minotauri occidendi causa in Cretam navigare constituit.
Theseus beschloss nach Kreta zu segeln, um den Minotaurus zu töten. - In Troia oppugnanda multi viri fortissimi laesi auf occisi sunt.
Beim Belagern von Troja wurden viele sehr tapfere Männer verletzt oder getötet. - Utinam Psyche ne tam cupida Amoris adspiciendi fuisset!
Wenn doch Psyche nicht so begierig gewesen wäre Amor anzusehen.
Ü V.
- admiror (bewundern)
- confido (vertrauen)
- punio (bestrafen! - rideo flachen)
- trado (übergeben)
- finio (beenden)
- addo (hinzufügen)
- contineo (zusammen-, enthalten)
- annus (Jahr) / verto (wenden)
- crudelis (grausam)
- habito (bewohnen)
- liber (Buch)
- primus (er Erste) / tempus (Zeit)
- mors (Tod)
- premo (drücken)
- quaero (fragen)
- utor (gebrauchen)
- video (sehen)
- voluntas (Wunsch)
- possideo (besitzen)
Ü VI.
- ad-cedo (herankommen)
- ex-fero (heraustragen)
- ad-traho (heranziehen)
- ad-loquor (ansprechen)
- ad-pono (hinstellen)
- ad-clamo (zurufen)
- ex-fugio (entfliehen)
- in-mitto (hineinschicken)
- ad-peto (anstreben)
Ü VII.
Dionysius tyrannus, cum crudelissime regnaret, non sine causa semper timebat, ne quis se interficeret. Quod etiam verebatur, ne a tonsore ferro occideretur, filias suas barbam tondere docuit. Quae cum adultae essent, ne iis quidem confidebat, sed iis ferrum abstulit imperavitque, ut ab illo tempore candentibus iuglandium putaminibus barbam sibi adurerent. Cum olim, ut erat eius consuetudo, pila ludere vellet vestemque deponeret, adulescenti, quem amabat, gladium tradidit. Cum quidam ex eius comitibus iocans dixisset risissetque adulescens,
utrumque iussit interfici. Alterum capitis damnavit, quia viam tyranni occidendi demonstravisset, alterum, quia ea verba ridendo adprobavisset.
Weil der Tyrann Dionysios sehr grausam herrschte, fürchtete er nicht ohne Grund, dass ihn irgendjemand töte. Weil er auch fürchtete, dass er vom Frisör mit dem Messer getötet werde, lehrte er seine Töchter den Bart zu schneiden. Als diese erwachsen waren, vertraute er nicht einmal ihnen, sondern nahm ihnen das Messer weg und befahl, dass sie ihm von jener Zeit an den Bart mit glühenden Nussschalen abbrennen.
Als er einst, wie es seine Gewohnheit war, mit dem Ball spielen wollte und seine Kleidung ablegte, übergab er einem jungen Mann, den er liebte, sein Schwert. Als einer von seinen Begleitern im Scherz (scherzend) gesagt hatte, dass er nun diesem jungen Mann sein Leben anvertraut hätte, und der junge Mann gelacht hatte, ließ er beide (jeden von beiden) töten. Den einen verurteilte er zum Tode, weil er einen Weg den Tyrannen zu töten gezeigt hatte, den anderen, weil er diese Worte durch sein Lachen gutgeheißen hatte.
Vokabel:
Vokabel:
vacuus, vacua, vacuum | leer, frei | 39 | Adj. |
multo (beim Komparativ) | viel, um vieles | 39 | Adv. |
minus | weniger | 39 | Adv. |
unde | woher | 39 | Fragewort |
memoria, memoriae f. | Erinnerung | 39 | Nomen |
monumentum, monumenti n. | Denkmal | 39 | Nomen |
maiores, maiorum p. | Vorfahren | 39 | Nomen |
pietas, pietatis f. | Pflichtgefühl, Frömmigkeit | 39 | Nomen |
religio, religionis f. | Religion | 39 | Nomen |
voluptas, voluptatis f. | Vergnügen, Lust | 39 | Nomen |
sententia, sententiae f. | Meinung, Satz | 39 | Nomen |
iudex, iudicis m. | Richter | 39 | Nomen |
in memoriam (+ Gen.) | zur Erinnerung an | 39 | Phrase |
curro 3, curris, currere, cucurri, cursum | laufen | 39 | Verb 3 |
affero, affers, afferre, attuli, allatum | heranbringen | 39 | Verb ferre |
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