Itinera - Übersetzung Lektion 32

Ein germanischer Sklave weigerte sich, die spät ankommenden Freunde ins Haus zu führen. Chariclea aber hörte den Tumult bis ins Atrium (wörtl.: aus dem Atrium), kam herbei und erkannte hocherfreut den Sohn ihres Bruders; sie hieß die unerwarteten Gäste eintreten.
Aristoxenus gab ihr einen Brief seines Vaters, Chariclea las ihn, gab ihn dann dem Sklaven, der noch im Vestibül wartete, und befahl: "Nimm ihn und gib ihn morgen dem Herrn." Dann meinte sie zu Aristoxenus: "Du suchst deinen Bruder? Vielleicht weiß Fulvius das Versteck des Sokrates, ich weiß es nicht. Aber bitte, erzähle mir von deinem Vater, von deiner Mutter! Sind sie gesund?"
Als Aristoxenus das bestätigt hatte, sagte Chariclea zu Gaius: "Als Mädchen habe ich in Ephesos gelebt - und noch heute liebe ich meine Heimat Asia, jene blühenden Städte; obwohl ich schon lange in dieser Stadt hier lebe habe ich mich an die Römer nicht gewöhnt und auch nicht an die Stadt, die immer kochende und brausende, wo fast immer "der Lärm die Ohren sprengt", wie der Dichter Juvenal schrieb ..."
Gaius unterbrach Charicleas Rede: "Wir haben schon viel gehört über diese "kochende Stadt" von jenem Juvenal, den wir vor der Porta Ostiensis zufällig getroffen haben!"
Chariclea: "Was! Ihr habt wirklich ihn selbst gesehen? Er ist ein Dichter von überdurchschnittlicher Bildung; viele von seinen Satiren gefallen mir sehr, doch manche gefallen mir auch nicht. Ich glaube, nicht nur mir, sondern vielen gebildeten Frauen geht sehr gegen den Strich, was er über Frauen schrieb, die studieren oder bei Abendveranstaltungen sich wie die Männer unterhalten:
Die Literaturwissenschaftler gehen ein, die Rhetoren werden besiegt,
es schweigt der ganze Klub...
Doch davon genug. Sicher seid ihr müde und wollt euch Ruhe gönnen."
Sie rief nach einer Dienerin, diese brachte den Freunden, die schon mit Hunger und Durst kämpften, mit Wasser gemischten Wein, Brot, kleine Käse und Würste aus der Küche; dann bereitete sie ein Bad und zeigte ihnen die Schlafzimmer. Von Aristoxenus empfing sie erfreut ein kleines Trinkgeld und verschwand.

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